Bußgeld: RTL und ProSieben zahlen 216 Millionen Euro - Neues System
News (pk/dpa/ar) Wegen Verdachts auf Wettbewerbsverstöße bei ihren Werbezeitvermarktern zahlen die beiden großen deutschen Sendergruppen ProSiebenSat.1 und RTL Bußgelder in Höhe von 216 Millionen Euro.
ProSiebenSat.1 habe ein Bußgeld in Höhe von 120 Millionen Euro akzeptiert, teilte die Sendergruppe am Freitag in München mit. RTL habe sich mit der Zahlung von 96 Millionen Euro einverstanden erklärt, berichtete die RTL Group in Luxemburg. Es handelt sich um die höchsten jemals in der deutschen Medienbranche nach Wettbewerbsrecht verhängten Bußgelder. Damit werden die Untersuchungen des Bundeskartellamtes eingestellt, die im Juni in Durchsuchungen der beiden Vermarktungsgesellschaften SevenOneMedia (ProSiebenSat.1) und IP Deutschland (RTL) gipfelten, wie eine Sprecherin der Behörde sagte.
Die Untersuchungen richteten sich gegen so genannte Share-Deals beim Verkauf von Fernsehwerbung. Dabei verpflichten sich Mediaagenturen, einen gewissen Anteil ihres Werbespektrums bei einem bestimmten Vermarkter zu platzieren. Die Mediaagentur bekommt dafür Gratis-Spots, die sie wiederum auf eigene Rechnung weiterverkaufen oder zur Pflege neuer Kunden ein***zen kann. Aus diesem Geschäftsgebaren ist eine Sogwirkung entstanden, die kleine Mediaagenturen nach deren Darstellung an den Rand der Wettbewerbsfähigkeit gedrängt hat, weil die Platzierung von Werbung bei den Großen deutlich lukrativer war. Mediaagenturen sind die Vermittler zwischen Sendern und werbetreibender Wirtschaft, die die Werbespots im Fernsehen platzieren.
SevenOne Media und IP Deutschland verpflichteten sich, das vom Kartellamt bemängelte Rabattsystem umzustellen. Das Bundeskartellamt hatte die beiden Konkurrenten im Juni durchsuchen lassen, weil ein "Verdacht auf Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung sowie wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei der Vermarktung von Fernsehwerbung" bestand. Der erste Verdacht war jedoch nicht weiter verfolgt worden.
Die Zahlung wurde nach Angaben von ProSiebenSat.1 geleistet, um eine langwierige gerichtliche Auseinander***zung und nachteilige Auswirkungen auf die Geschäftsaktivitäten zu vermeiden. Man gehe davon aus, dass sie auch mit einem neuen Modell die Unternehmensziele erreichen lassen. Das Unternehmen ***zte im vergangenen Jahr knapp zwei Milliarden Euro Werbegelder um. "Wir brauchen Planungssicherheit für alle Beteiligten. Sowohl Kunden und Agenturen als auch die durch uns vermarkteten Medien müssen sich auf die Vereinbarungen, die für 2008 geschlossen werden, verlassen können", betonte auch IP-Chef Martin Krapf am Vormittag. Nur deshalb habe man sich auf die Strafe eingelassen. Einen jahrelangen Rechtsstreit und die damit verbundenen Unsicherheiten habe man sich nicht leisten wollen. Die neue Angebotsstruktur soll in den nächsten Wochen vorgestellt werden.
ProSiebenSat.1 kündigte an, für das Geschäftsjahr 2007 eine entsprechende Rückstellung zur Zahlung des Bußgeldes zu bilden. Das Kartellamt habe bei der Bemessung der Bußgelder erstmals 2005 neu eingeführte Richtlinien angewandt, so dass die Zahlungen deutlich höher ausfallen als nach altem Recht, heißt es in der Mitteilung der Münchner Senderkette.
Kleinere Sender hoffen indes, von der aktuellen Entwicklung zu profitieren: "Das Rabattierungssystem sollte nicht so sein, dass wir automatisch aus dem Markt rausgekickt werden. Es gibt viele Werbekunden, die auch gerne einmal bei kleineren Sendern Werbung schalten würden. Aber die kommen nicht raus aus ihren Verträgen oder sie würden viel Geld verlieren", hatte der "Tagesspiegel" Ende Juli einen nicht genannten Insider zitiert (SAT+KABEL berichtete).
TV-Werbespots werden in Deutschland nicht über die Unternehmen direkt bei den Fernsehsendern gebucht, sondern über darauf spezialisierte Mediaagenturen. Gehen größere Teile eines Budgets an einen Vermarkter, werden vertraglich zugesicherte Rabatte gewährt.
Quelle Sat und Kabel