Ende des Nervenkriegs - Vergewaltiger gibt auf
Erleichterung nach peinlicher Justizpanne in Sachsen: Gut 20 Stunden nach seiner Flucht auf das Dach der Dresdener Justizvollzugsanstalt hat der vorbestrafte Sexualstraftäter Mario M. aufgegeben. Wie die Polizei mitteilte, verließ der Mann am frühen Donnerstagmorgen gemeinsam mit einem Beamten eines Spezialeinsatzkommandos freiwillig das Dach. Der Mann sei unverletzt mit einer Hebebühne vom Dach geholt worden, sagte Polizeisprecher Thomas Herbst. Die Verhandlungsstrategie sei erfolgreich gewesen.
Der 36 Jahre alte vorbestrafte Sexualtäter war am Mittwochmorgen um 7.24 Uhr - einen Tag vor der Fortsetzung des Missbrauchs-Prozesses gegen ihn vor dem Dresdner Landgericht - bei einem Hofgang seinen beiden Bewachern entwischt und an der Außenfassade eines Zellengebäudes in die Höhe geklettert. Sachsens Justizminister Geert Mackenroth (CDU) räumte eine peinliche Justizpanne ein.
"Die Polizei hat ihre Aufgabe erledigt", zeigte sich Herbst am Morgen zufrieden. Mario M. sei wieder der Obhut der Justiz übergeben worden. Laut Herbst wurde der Mann sofort in den Gefängnistrakt zurückgebracht. Dort sollte er mit seinem Verteidiger zusammentreffen. "Die Überlegung, auf Zeit zu setzen, hat sich gelohnt", sagte Herbst zum Polizeieinsatz. Mario M. sei bei Ende der Aktion normal ansprechbar gewesen "und in einem passablen Zustand".
Im Verlauf der Nacht hatte der Mann um eine Decke und Getränke gebeten. Die Polizei hatte draus geschlussfolgert, dass der Mann mit seinen Kräften am Ende war. Schließlich ließ er nach 18 Stunden zunächst zwei Beamte zu sich auf das Dach und redete mit ihnen von Angesicht zu Angesicht. Tagsüber hatte Mario M. nahezu ununterbrochen auf dem Dach gestanden und mit Psychologen gesprochen, die auf einer Hebebühne standen. Gewaltsam wollte die Polizei nicht gegen ihn vorgehen, da sich der Mann stets am Rand des Daches aufhielt und befürchtet wurde, dass er bei einer Polizeiaktion in die Tiefe stürzen könne. Zuletzt regnete es stark.
Objektiv habe keine Gefahr für Stephanie und ihre Familie bestanden, sagte Herbst zu Vorwürfen, die Sicherheitskräfte könnten nicht für ausreichenden Schutz der Betroffenen sorgen. Dennoch werde geprüft, ob die Sicherheitslage neu bewertet werden müsse. Zu den Motiven der Aktion von Mario M. machte der Sprecher keine Angaben. Bei den Verhandlungen mit dem Mann sei es zum Schluss nur um die Modalitäten der Rückführung in die Haft gegangen.
Mario M. muss sich seit Montag wegen Vergewaltigung, Geiselnahme, Kinderpornografie und anderer Straftaten vor dem Dresdner Landgericht verantworten. Er hatte zu Verhandlungsbeginn gestanden, die damals 13 Jahre alte Schülerin Stephanie Anfang des Jahres entführt und wochenlang sexuell misshandelt zu haben. Offen ist weiter, ob der Prozess wie geplant heute fortgesetzt werden kann. Polizeisprecher Herbst konnte dazu keine Angaben machen.
Quelle n-tv