Merkel erweist Europa einen Bärendienst
Was für ein Irrtum: Die Deutschen glauben an eine reibungslose Integration der Migranten.
Sie werden sich noch wundern - und darüber hinaus die Europäische Union in ernste Schwierigkeiten bringen.
Die gegenwärtig in fast ganz Europa, aber insbesondere in Deutschland öffentlich geführte Diskussion über die
Massen- (das heißt kollektive, nicht individuelle) Zuwanderung, die auf dem Begriff "Flüchtling" aufbaut, anstatt
auf dem Begriff des Migranten, noch besser gesagt des ökonomisch-motivierten Migranten, ist unseriös, irreführend
und durch ihre übertriebene political correctness sogar geradezu selbstmörderisch.
Die Sozialwissenschaften lehren uns (in diesem Fall sogar im seltenen Einklang mit dem gesunden Menschenverstand),
dass für das reibungslose und produktive Funktionieren und die notwendige Stabilität einer jeden Gesellschaft der
innere Zusammenhalt der Gemeinschaft unabdingbar ist. Die Wirtschaftswissenschaft spricht hierbei vom "Human- und Sozialkapital",
ohne den ein gesund funktionierendes Staatswesen unmöglich ist.
Fataler Irrtum der Deutschen
Ein anderer Grund für das Verhalten vieler europäischer und insbesondere deutscher Politiker könnte deren naive Vorstellung sein,
dass die massive Zuwanderung zwar kurzfristig ein paar unangenehme Folgen haben wird, die langfristigen Effekte dann aber
ausschließlich positiv ausfallen werden. Das ist ein fataler Irrtum.
Die Annahme dieser Politiker, allen voran von Herrn Gauck und Frau Merkel, dass aus den Migranten motivierte, intelligente,
gebildete und sofort einsatzbereite Arbeitskräfte werden, welche die alternden deutschen Arbeitnehmer ersetzen könnten,
ist geradezu lächerlich. Sie steht im krassen Widerspruch zu allen Erfahrungen, die Deutschland bisher mit seinen
Zuwanderern und Gastarbeitern gemacht hat.
Es ist bekannt, dass sich jeder Mensch seine grundlegenden Verhaltensmuster in der Jugend aneignet, die wichtigste Prägung
erhält er meist in der Familie. Es ist daher auch möglich, dass die Befürworter der massiven Zuwanderung an die Macht der
Umerziehung, der Manipulation und der Indoktrinierung glauben, dass sie von der Erschaffung eines neuen Menschen
träumen, der ganz in der Tradition von Aldous Huxleys genialem Buch "Schöne neue Welt" gänzlich nach deren Vorstellungen geformt wird.
Die deutsche Einladung
Das ist fast eine kindische Vorstellung. Wolfgang Kasper, ursprünglich ein Deutscher, der seit einem halben Jahrhundert
in Australien lebt, sagt dazu: "Es gibt zwar Ausnahmen, aber die Mehrheit der heutigen Migranten wird einen langsamen,
mehrere Generationen dauernden Prozess der kulturellen Anpassung" durchgehen müssen. Kaspers weist auch auf die Tatsache hin,
dass die zweite Generation von Zuwanderern ihre Integration in die europäische Gesellschaft ablehnt, sehr oft auch die ganze
westliche Wertegemeinschaft. Gewinnen solche Tendenzen die Oberhand, droht der Prozess der "kulturellen Anpassung"
unter umgekehrten Vorzeichen zu verlaufen.
Last but not least ist es wichtig, sich Gedanken darüber zu machen, warum die Migrationswelle gerade jetzt stattfindet.
Was ist denn so umwerfendes geschehen, dass 40 Prozent der Migranten, die vorletztes Wochenende nach Bayern kamen,
aus dem Kosovo kommen? Dort wird schon seit 15 Jahren nicht mehr gekämpft. Und warum kommen andere 40 Prozent
aus dem Afghanistan, wo die bewaffneten Konflikte in der einen oder anderen Form bereits seit Jahrzehnten andauern?
An der Lage der Migranten zu Hause gab es zur Zeit keine dramatische Veränderung.
Sie erhielten jedoch – mal explizit, mal implizit – die Botschaft, dass sie nun nach Europa einwandern können. Bestärkt
durch ihre – sicher berechtigte – Frustration über die Verhältnisse zu Hause geben diese Menschen nun ihr Leben in ihrer
Heimat auf und brechen nach Europa, meist Deutschland, auf. Das Verlassen ihrer angestammten Heimat ist oft mit
horrenden Zahlungen an Schlepperbanden erkauft.
Europäische Lockrufe
Die Migranten folgen dem Lockruf der verantwortungslosen europäischen Politiker in Unkenntnis der Risiken und Bedrohungen,
die auf sie – sowie auf ihre Kinder und Familienangehörigen – bei ihrem Weg warten, wie die Hunderten Toten
im Mittelmeer auf traurige Weise bezeugen.
Sie alle folgen das Versprechen, dass es möglich ist, in Europa leben zu dürfen. Politiker wie Angela Merkel und Joachim Gauck
bestärken sie durch ihre Aussagen darin. Vielleicht glauben diese Politiker, ihre Einladung wäre eine positive humanitäre Geste.
Das sind sie nicht. Im Gegenteil. Sie sind ein Bärendienst für Europa. Ich habe tiefe Sorge um die Zukunft der europäischen Zivilisation.
Es geht um nichts Geringeres.
http://www.welt.de/debatte/kommentar...rendienst.html