Älter als Helmut Schmidt ist kein Deutscher von Bedeutung. Am Montag wird der frühere Bundeskanzler (1974–1982) 95 Jahre alt. Wer immer den Mann aus Hamburg zu Gesicht bekommt, schaut auf ein Jahrhundert; auch auf einen Menschen in seinem Widerspruch.
Längst hält sich Schmidt tagsüber vorwiegend in einem Rollstuhl auf; Knochen und Gelenke schmerzen. Der stets griffbereite Gehstock jedoch verweist darauf, dass dieser steinalte Zeitgenosse noch in der Lage ist, auf die Beine zu kommen.
Helmut Schmidt gilt vielen Landsleuten als Parade-Deutscher unter den Bundeskanzlern. Nicht alle acht waren eisern, Schmidt schon. Er zeigte als Regierungschef Härte und Entschlossenheit, als das Vaterland im Herbst 1977 durch einen Zangenangriff deutscher und palästinensischer Terroristen in Not geraten war. Schmidt durchlebte, durchlitt eine Tragik klassischen Zuschnitts. Er wurde schuldlos schuldig und war sich dessen wohl bewusst. Der harte Kerl, Berserker und Musensohn in einer Person, besaß durchaus eine weiche Seite. Schmidt opferte das Leben des von RAF-Verbrechern gekidnappten Arbeitgeber-Präsidenten Hanns Martin Schleyer, als er der Staatsnötigung durch Flugzeugpassagier-Geiselnahme widerstand. So rettete Schmidt 92 Menschenleben im Lufthansa-Jet "Landshut", und er rettete die Ehre der Bundesrepublik Deutschland, von der Schaden abzuwenden ein Kanzler bei Amtsantritt schwört.
Auch für den 95-Jährigen gilt: Wenig im Leben, im politischen schon gar nicht, ist von Dauer. Und: Dankbarkeit ist keine geschichtliche Kategorie. Deshalb geriet der Krisenbewältiger von 1977 schon bald in innenpolitische Untiefen. Wirtschaft und Finanzen, von denen Diplom-Volkswirt Schmidt glaubte, sie gehörten zu seiner Kernkompetenz, gerieten in Unordnung. Seine SPD, nach deren Führung er zu greifen sich skrupulös versagt hatte, ignorierte Schmidts sicherheitspolitische Analysen, die Mahnungen, Moskaus Zurüstung nicht westlich-tatenlos hinzunehmen. Zwar wurde der Kanzler 1980 noch einmal wiedergewählt, aber zwei Jahre später als erster Nachkriegs-Regierungschef im Bundestag gestürzt.
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Ich erinnere mich neben brillanten Reden noch an eine Talkrunde mit Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher, in der Schmidt absolut nichts Argumentatives beitrug, die beiden aber alleine durch seine ungewöhnliche Sitzhaltung völlig aus dem Konzept brachte.
Ich empfand ihn als einen Politiker, von dem Deutschland sehr viel mehr bräuchte...gerade im Jahre 2013/2014.
Gruß
Bobby