Gas wird teurer
Die Gaspreise steigen - obwohl die Ölpreisbindung fällt und Energiekonzerne von ihren Gaslieferanten hohe Rückzahlungen kassieren. Die Unternehmen müssen dafür Kritik einstecken - und sehen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt.
Rund 160.000 Gaskunden von RWE bekommen demnächst unerfreuliche Post: Die Preise in der Grundversorgung steigen im Herbst um mehr als sechs Prozent. Dabei hat RWE in der Gasbeschaffung bei seinem Lieferanten Gazprom für lang laufende Verträge mit Ölpreisbindung Ende Juni gerade eine kräftige Rückerstattung erstritten - nach Schätzung von Branchenfachleuten rund eine Milliarde Euro. Und aktuell verhandelt RWE schon wieder mit den Russen über Nachlässe. Verbraucherschützer drängen, dass RWE einen Teil davon an die Kunden weitergibt.
Doch der Konzern winkt ab. Die Rückerstattung decke Verluste der vergangenen Jahre mit den Langfristverträgen. Außerdem seien die Netzentgelte schon seit Januar gestiegen, ohne dass dies weitergegeben worden sei, sagt eine RWE-Sprecherin. RWE decke sich nicht nur über langfristige Verträge ein, sondern erzeuge auch selbst und kaufe an Spotmärkten. In der Gesamtschau ergäben sich dabei leicht steigende Beschaffungskosten, erklärt ein anderer RWE-Sprecher. Auf die RWE-Gewinnerwartung habe die Rückzahlung keinen Einfluss, das zusätzliche Geld sei längst eingeplant, erklärte der Konzern Anfang der Woche.
Verbraucherschützer finden das nicht überzeugend. Mit den höheren Netzentgelten lasse sich allenfalls ein Viertel der Erhöhung rechtfertigen, und die Beschaffungskosten für Gas auf den Märkten stagnierten, sagt Udo Sieverding von der Verbraucher******** NRW. Offenbar holten sich die Konzerne von Gaskunden einen Teil dessen zurück, was ihnen bei der zunehmend unattraktiv gewordenen Stromerzeugung durch die Lappen gegangen sei.
Die RWE-Preiserhöhung ist dabei nur ein Beispiel von vielen. Insgesamt geht die Preiskurve beim Gas weiter nach oben - obwohl alle Welt von der neuen Gasschwemme durch "Fracking" in den USA spricht und die hartnäckige Wirtschaftskrise in Europa auf den Absatz drückt.
Rasanter Wandel
Das Verbraucherportal Verivox hat von Januar bis heute 183 Preiserhöhungen oder entsprechende Ankündigungen um durchschnittlich 6,4 Prozent registriert. Dem stehen mit 61 deutlich weniger Preissenkungen um durchschnittlich 5,7 Prozent entgegen. "Es sieht so aus, als würden höhere Gewinne durch günstigeren Einkauf nicht umfassend weitergegeben", sagt Verivox-Sprecher Jürgen Scheurer.
Insgesamt ist der deutsche Gasmarkt in einem rasanten Wandel: Die seit den 60er Jahren übliche Koppelung des Gaspreises an das Öl in Langfristkontrakten fällt immer mehr zugunsten des kurzfristigen Handels an europäischen Gasbörsen weg. Dabei liegen die Spotmarktpreise derzeit oft deutlich niedriger als in den Langfristverträgen. Das traf beispielsweise den Energieriesen Eon, der mit seinen alten Gasbeschaffungskosten hohe Millionenverluste erwirtschaftete und 2011 - auch wegen der Schließung von Atomkraftwerken - erstmals in der Konzerngeschichte rote Zahlen schrieb.
Nach einer rückwirkenden Einigung mit Gazprom über die Senkung der Beschaffungspreise verbuchte Eon dagegen 2012 allein für das erste Halbjahr rund eine Milliarde Euro Zusatzgewinn. Dennoch wurden die Preise für Kunden mehrerer Eon-Regionalgesellschaften zum September 2012 erhöht.
Die Orientierung an Börsenpreisen beim Gaseinkauf ist mittlerweile in der ganzen Branche gängige Praxis. "Da kauft eigentlich keiner mehr zu alten Preisen", sagt ein Marktinsider. Die jahrelang immer wieder bemühte Begründung von Preiserhöhungen mit langfristigen Kontrakten und der Ölbindung zieht damit eigentlich nicht mehr. Trotzdem nehmen Gaskunden - vor allem die mit Standardverträgen in der sogenannten Grundversorgung - Erhöhungen vielfach immer noch ohne Reaktion hin.
Anders als beim Strom sei die Bereitschaft zum Anbieterwechsel beim Gas noch unterentwickelt, sagt Verbraucherschützer Sieverding. Nach dem Monitoringbericht der Bundesnetzagentur hatten Ende 2011 nur 8,5 Prozent der Gas-Haushaltskunden einen anderen Lieferanten als ihren Grundversorger.
Quelle: n-tv.de
P.S. War nicht anders zu erwarten