Bilder und Videos aus unserer Privatsphäre hat sich das soziale Netzwerk Facebook
schon massenweise einverleibt.Doch nun gehts ums Geld:Das US-Unternehmen hat
ein Patent beantragt,mit dem es in Zukunft möglich werden könnte,die Kredit-
würdigkeit der Mitgliedre des Netzwerks zu ermitteln.Dafür sollen angeblich die
Freundeslisten ausgewertet werden.Heißt also:ein Millionär in der Freundesliste=top!
Vier Hartz-IV-Empfänger als beste Freunde=eher schlecht.
Eine Glosse von Detlev Gröning
"Ihr spielt nicht in der Kälberstrasse!" wurde uns als Kindern damals durchs Treppenhaus
hinterher gerufen.Das sei kein guter Umgang.Wer von uns hätte damals gedacht,das in
diesem geographischen Stigma eine Geschäftsidee wohnt?
Angesicht zahlreicher problematischer Seitenstrassen in und um Los Angeles herum war
es für Facebook nur eine Frage der Zeit,wann eine patentwürdige Verknüpfung zwischen
Muttis Ermahnung und Bonität nach Herkunft und Freundeskreis entwickelt wird.
Die Banksoftware "Deal nicht mit den Schmuddelkindern" ist in Deutschland zur Beurteilung
von Kreditwürdigkeit zwar nicht zugelassen,aber für die Einhaltung solcher Verbote will
doch keiner die Maus ins Feuer halten."Nimm mal deine Thekenkumpel aus deiner
Freundesliste! Ich krieg mein neues Auto nicht finanziert",lautet womöglich die Version 2.0
des Kindheitsgebotes,im Internet aufschuldentragfähigen Umgang zu achten.Aber woher
kann man wissen,ob in der meterlangen Nomenklatur der Facebook-Gesellschaft zins-
schädliche Elemente lauern? Ist man da gut aufgestellt?haben die Freunde ihre Rechnungen
bezahlt,lebt jemand im Problemstadtteil,kriegt einer Hartz IV,chattet in Sex-Portalen
oder sammelt Negativbewertungen bei Ebay? Heißt es im falle einer grösseren benötigten
Darlehenssumme vielleicht vorsichtshalber "Gute Nacht Freunde,es ist Zeit für Euch zu
gehen?"Den eigenen Account kurzer hand zu löschen,wird keine Lösung sein.Banktechnisch
würde man quasi als vermummt gelten. Das wäre nichts anderes als mit einer Strumpfmaske
über dem Kopf an den Filialschalter zu treten. Ohne zwingende Zusatzargumente gibt es
mit derartiger Identitätsverschleierung keine Auszahlung.
Aber wir wollen hoffen,das uns Facebook nicht irgendwann nur schweigend ins Finanzpräkariat
herabstuft sondern vorher mit hilfreichen Warnhinweisen zur Seite steht."Achtung:Herr
Schmidt könnte ihr Hypothekendarlehen verhindern" oder "Vorsicht:Als neue Freundin
kostet sie Frau Lehmann einen erheblichen Zinsaufschlag".
Zusätzlich gibt es endlich mal sachliche Kriterien zur Behandlung neuer Anfragen"Herzlichen
Glückwunsch!Eine Freundschaft mit Herrn Obermüller verbessert ihr Rating". Und plötzlich
leuchtet über der Seite ein Triple-A- Plus nach dem System von Standard&Poors auf,
weil der alte Klassenkamerad auf Ramsch-Niveau durch den Neuzugang wieder wettgemacht
werden konnte. Glücklicherweise ist all das nur Zukunftsmusik,ansonsten hätte ich eine
schlechte Nachricht für alle,die mit solventen Freunden ihre Kreditlinien aufmöbeln müssen.
Die zehn reichsten Deutschen spielen auch nicht in der Kälberstrasse.
Die heisst bei denen übrigens Facebook.
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