Hier noch was zum Thema!

Die ungehemmte Rufvernichtung
Die Moralisierung des Falles Kachelmann hat zu einer ungehemmten öffentlichen Vorverurteilung beigetragen. Den unrühmlichsten Beleg hat Alice Schwarzer geliefert. Die von Opferverbänden befürchtete Wirkung ist so bedrückend wie paradox. [...]
Vielmehr saß eine Nation zu Gericht über das Liebesleben eines Mannes. Medien schwangen sich zu Prozessparteien auf – mit eigenen Ermittlungen, mit Zeugenaussagen, Plädoyers und Schuld- oder Freisprüchen zuhauf. Die Öffentlichkeit selbst konnte sich ja von Kachelmann getäuscht fühlen: Das Bild des Schluffis vom Dienst aus dem Wetterbericht löste sich mit jedem neuen Detailbericht über Kachelmanns Sexualpraktiken immer weiter auf. Diese – vielleicht unbewusste – Moralisierung des Falls hat zu einer ungehemmten öffentlichen Vorverurteilung beigetragen. [...] Den unrühmlichsten Beleg, wie das ganze Verfahren von einem Strafprozess zum Sittentribunal umfunktioniert worden ist, hat Alice Schwarzer geliefert. Als „Beobachterin“ für die Bild-Zeitung ist sie vom Vorwurf der Vergewaltigung umstandslos übergeschwenkt auf eine Verdammung männlich-manipulativer Muster insgesamt. Die Nemesis in Lila wollte in der Person Kachelmanns den Machismo an sich verurteilt wissen – womit sie letztlich nichts anderes demonstriert hat als Spießertum in feministischem Gewand.
Quelle: Frankfurter Rundschau