Am 1. November kommt der Pfusch-Ausweis

Neuer Personalausweis bleibt in der Kritik

In zwei Wochen wird der neue Personalausweis eingeführt. Doch glaubt man Experten und Wissenschaftlern, strotzt des Deutschen neuer Identitätsausweis nur so vor Mängeln.

Der Chaos Computer Club hat es vorgemacht: Unter bestimmten Bedingungen können Daten aus dem Chip des neuen Personalausweises von Angreifern ergattert werden und auch die Software für den Identitätsnachweis im Internet steht in der Kritik.

Außerdem raten Wissenschaftler von der Verwendung des einfachen Kartenlesegeräts ab, mit dem Daten auf dem integrierten Chip des Ausweises ausgelesen werden. Der Bundesverband der Verbraucher********n (vzbv) erklärte, der neue Ausweis werde den Verbraucherschutz im Internet kaum verbessern.+

Neuer Ausweis - neue Funktionen

Zur Einführung des neues Personalausweises am 1. November hat das Bundesinnenministerium in Berlin vier Studien zum neuen Personalausweis vorgestellt. Ministerialrat Andreas Reisen sagte, jetzt gehe es darum, "in den nächsten Wochen die Nutzungspotenziale transparent zu machen". Wenn dies gelinge, sei er überzeugt, "dass der Personalausweis ein großer Erfolg wird".

Die bisherigen Personalausweise bleiben bis zum Ablauf der angegebenen Frist gültig. Bei neuen Anträgen für das Dokument wird ab 1. November dann ein Ausweis mit einem integrierten Chip ausgestellt, für eine Gebühr von 28,80 Euro. Der Chip speichert alle auf dem Dokument aufgeführten Personendaten, das Lichtbild sowie auf freiwilliger Basis auch einen Fingerabdruck.

Drei verschiedene Aufgaben erfüllt der neue Ausweis: erstens die bisherige Ausweisfunktion gegenüber Behörden, zweitens eine sichere Identifizierung der eigenen Person im Internet und drittens die Möglichkeit für eine elektronische Signatur digitaler Dokumente. Der Inhaber des neuen Ausweises kann auf die zweite und dritte Möglichkeit verzichten, die dann nicht freigeschaltet oder gar nicht erst eingerichtet wird.

Sicherheitsrisiko Lesegerät

Wissenschaftler am Institut für Internet-Sicherheit der Fachhochschule Gelsenkirchen kamen zum Ergebnis, dass die Identifizierung mit dem elektronischen Personalausweis im Vergleich zur herkömmlichen Authentifizierung mit Passwörtern ein höheres Sicherheitsniveau aufweist. Allerdings müsse davon ausgegangen werden, dass viele Computer in Deutschland nicht umfassend genug gegen Schadsoftware gesichert seien.

Deshalb könne nur der Einsatz eines höherwertigen Lesegerätes mit eigener Tastatur empfohlen werden. Beim Basislesegerät, das mit der Einführung des Ausweises in großen Mengen verteilt werden soll, kann die PIN für den Zugriff auf die Ausweisdaten von einem Trojaner abgefangen werden, wenn dieser Code über die PC-Tastatur eingetippt wird.

Skepsis bei Verbraucherschützern

In einer weiteren Studie untersuchten Experten der Technischen Universität Darmstadt die Verschlüsselung der Daten auf dem Ausweis-Chip. Dabei seien keine kryptographischen Schwächen festgestellt worden, erklärte Marc Fischlin und fügte hinzu: "Die verkürzte Darstellung, dass der Personalausweis unsicher sei, teilen wir nicht."

Aus juristischer Sicht kam Georg Borges von der Ruhr-Universität Bochum nach einer Prüfung der Haftungsrisiken zum Ergebnis: "Der Ausweisinhaber wird durch dieses System geschützt, er kann die Vorteile genießen." Eine Haftung bestehe für die Verbraucher nur bei einem fahrlässigen Umgang mit dem Ausweisdokument oder seiner PIN.

Forscher bezweifeln Mehrwert für Endnutzer

Eine Studie des Hasso-Plattner-Instituts an der Universität Potsdam bemängelt, die Bedienung der "AusweisApp" sei in der bisherigen Testversion "kaum intuitiv". "Das könnte man durch die Gestaltung der Oberfläche verändern", sagte Institutsleiter Christoph Meinel. Er schlug vor, den neuen Ausweis zusammen mit einem "Starterpaket" mit allen nötigen Zutaten auszuhändigen.

Die Forscher erklärten außerdem, dass für die Verbraucher kaum ein Mehrwert des elektronischen Ausweises erkennbar sei: "Fast alle Nutzungsszenarien helfen also nur den Diensteanbietern und meist nicht dem Endnutzer."

Verbraucher kaum besser geschützt

Verbraucherschützer Gerd Billen vom vzbv-Vorstand erklärte: "So wie er angelegt ist, wird der neue Personalausweis dem erklärten Ziel nicht gerecht, die Verbraucher im Online-Geschäftsverkehr besser zu schützen." Online-Anbieter könnten beim Bundesverwaltungsamt in Köln ein Berechtigungszertifikat für die Nutzung der Authentifizierung mit dem Personalausweis erhalten, ohne dass zuvor die Seriosität der Unternehmen geprüft werde.

Bisher wollten 300 Unternehmen und Behörden die sichere Identifizierung mit dem Personalausweis für Online-Geschäfte oder für Verwaltungsvorgänge im Internet nutzen, so Reisen. Schon im November werde es erste Dienstleistungen im Netz geben. Darunter seien mehrere Angebote von Versicherungen und Online-Shops. Im nächsten Jahr werde es auch möglich sein, die Steuererklärung 2010 mit dem neuen Personalausweis im Internet abzugeben.

Quelle: dpa