Wulffs Amt fädelte Sarrazin-Deal ein

1000 Euro mehr Pension pro Monat für Thilo Sarrazin - das war nach Informationen des SPIEGEL das entscheidende Angebot, das die Vereinbarung über seinen freiwilligen Rückzug aus der Bundesbank ermöglichte. Dabei hat sich das Bundespräsidialamt aktiv in die Verhandlungen eingeschaltet.


Hamburg - Das Bundespräsidialamt hat dem scheidenden Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin eine höhere Pension verschafft. Nach Informationen des SPIEGEL schaltete das Amt sich aktiv in den Streit zwischen Sarrazin und der Bundesbank ein, die zuvor die Entlassung durch Bundespräsident Christian Wulff beantragt hatte. Dadurch kam doch noch eine gütliche Einigung zustande, bei der Sarrazin eine höhere Pension durchsetzte. "Er kassiert nun 1000 Euro mehr im Monat", sagte ein mit den Verhandlungen vertrauter Bundesbanker dem SPIEGEL.

Die Bundesbank hatte Sarrazin zunächst angeboten, für seine 17 Monate im Amt eine Pension ohne Abzug zu zahlen, wenn er sich freiwillig zurückzöge. Doch in den vom Bundespräsidialamt geführten Verhandlungen setzte Sarrazin in der vergangenen Woche eine noch höhere Forderung durch. Nun bekommt er eine Pension, wie sie ihm am Ende der regulären Laufzeit seines Vertrags im Jahr 2014 zugestanden hätte. "Der ist vom Stamme Nimm", sagte eine Führungskraft der Bundesbank.

Nach SPIEGEL-Informationen hat SPD-Chef Sigmar Gabriel dem ehemaligen Berliner Finanzsenator zudem noch Hoffnung gemacht, um ein Parteiausschlussverfahren herumzukommen, kurz bevor sich die Führungsgremien unter Gabriel auf ein solches Verfahren einigten. Demnach telefonierten Gabriel und Sarrazin am Montagmorgen der vorvergangenen Woche, bevor die Führungsgremien zusammentraten. Sarrazin müsse sich eindeutig von seiner umstrittenen Äußerung über ein "jüdisches Gen" distanzieren, forderte Gabriel - anderenfalls könne er ihn nicht vor einem Ausschlussverfahren bewahren. Sarrazin sagte daraufhin zu, sich Gedanken über eine Formulierung zu machen. Gleich im Anschluss an dieses Gespräch aber fiel bereits vor der Sitzung des Parteipräsidiums die Entscheidung, ohne dass Gabriel auf eine Rückmeldung Sarrazins gewartet hätte.

Gegen einen Ausschluss Sarrazins sprach sich der ehemalige SPD-Finanzminister Peer Steinbrück aus. "Ich würde ihn halten", so Steinbrück zum SPIEGEL. "Ich würde mich nie so äußern wie Herr Sarrazin", sagte Steinbrück. "Aber die Integrationsfragen in diesem Land werden nicht dadurch gelöst, dass man Herrn Sarrazin aus der SPD ausschließt."

Sarrazin will unbedingt in der SPD bleiben

Sarrazin selbst bekräftigte, seine Partei nicht freiwillig verlassen zu wollen. "Ich bleibe in der SPD", bekräftige er am Freitag bei einer Diskussionsrunde in Berlin. Gefragt, ob er sich einen Austritt aus der SPD nicht doch mal unter dem Druck seiner Partei wie im Falle der Bundesbank anders überlegen könnte, sagte Sarrazin der Nachrichtenagentur dpa: "Nein, unter gar keinen Umständen." Sowohl SPD-Chef Sigmar Gabriel als auch der Berliner SPD-Vorsitzende Michael Müller und der amtierende SPD-Fraktionsvorsitzende Joachim Poß haben Sarrazin aufgefordert, die SPD freiwillig zu verlassen.

Er habe dem Druck nicht mehr standgehalten, hatte der 65-jährige Politiker und Autor zuvor zur Begründung seines Rückzugs angeführt. Er tauge nicht zu einem Helden, der es gegen alle aufnehmen könne. Sich "mit der gesamten politischen Klasse in Deutschland anzulegen", halte "auf Dauer keiner durch".

Doch Sarrazin zeigte durchaus Selbstbewusstsein. "Ich glaube nicht, dass mich der Bundespräsident jemals abberufen hätte", sagte er. Dieses Vorhaben wäre ohnehin "erkennbar rechtswidrig" gewesen. Ähnlich hatten sich auch Arbeitsrechtler geäußert, die überzeugt sind, dass eine solche Kündigung vor dem Verfassungsgericht nicht hätte bestehen können.

Quelle: Spiegel.de