Haitis Regierung befürchtet Zehntausende Tote
Das Erdbeben der Stärke 7,0 hat große Teile der Hauptstadt Port-au-Prince zerstört. Im Armenhaus Amerikas können Überlebende kaum geborgen, Verletzte kaum versorgt werden. Der Ministerpräsident rechnet mit Zehntausenden Todesopfern.
Bei dem schweren Beben auf Haiti sind dem Präsidenten des Landes zufolge möglicherweise bis zu 50.000 Menschen ums Leben gekommen. Er habe gehört, dass 30.000 bis 50.000 Menschen getötet worden seien, sagte Staatschef Rene Preval einen Tag nach dem folgenschweren Erdbeben. Er wisse nichts Genaues. Preval sagte nicht, auf wessen Schätzungen seine Angaben beruhten. Die Schäden in dem Land nannte der Präsident "unvorstellbar". Er habe in dem zusammengestürzten Parlamentsgebäude über Tote steigen müssen.
Das Beben richtete auf Haiti flächendeckende Schäden an. Die Behörden wurden völlig unvorbereitet von der Katastrophe getroffen. Anzeichen für organisierte Rettungsmaßnahmen gebe es nicht, berichteten Augenzeugen. Es war das schwerste Erdbeben in Haiti seit mehr als 150 Jahren.
Nach Angaben des Roten Kreuzes hat die Katastrophe drei Millionen Menschen schwer getroffen. Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon sprach von Hunderten Toten. Genauere Informationen habe er jedoch nicht, "weil die Kommunikation praktisch völlig zusammengebrochen ist".
Vom Präsidentenpalast bis zu den Hütten in den Vorstadtslums stürzten zahllose Gebäude ein. Der ersten Erschütterung der Stärke 7,0 auf der Richter-Skala folgten zeitnah schwere Nachbeben. Die Verletzten konnten nicht ausreichend versorgt werden, weil auch Krankenhäuser betroffen waren. Zudem fehlte es an Bergungsgerät. Überlebende versuchten mit bloßen Händen, Verschüttete aus den Trümmern zu retten. In der Stadt leben rund 1,2 Millionen Menschen.
Das Epizentrum des Bebens lag nahe der Port-au-Prince. "Es fühlte sich an, als ob ein großer Lastwagen durch die Hauswand gekracht wäre. Dann hat es etwa 35 Sekunden lang gewackelt", beschrieb Frank Williams, Landesdirektor der Hilfsorganisation World Vision Haiti, das Beben. Viele Menschen seien schreiend auf die Straße gelaufen.
Weltweit kam eine Hilfswelle in Gang. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy rief zur Hilfe für die Erdbebenopfer in Haiti auf. "Das Wichtigste sind jetzt die Rettungsmaßnahmen für die Opfer, die Menschen, die von Trümmern eingeschlossen sind, die Verletzten und Vermissten", teilte der Élysée-Palast mit. Haiti ist eine frühere französische Kolonie.
Zahlreiche Staaten schickten Rettungsteams in die frühere französische Kolonie oder sagten finanzielle Hilfe zu. Deutschland versprach 1,5 Mio., die EU 3 Mio. Euro. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hält auch deutsche Opfer für möglich. "Wir hoffen es nicht, ich kann es leider auch nicht ausschließen", sagte er in Berlin. "Ich bin bestürzt über das Ausmaß der Erdbebenkatastrophe."
Auch die USA boten dem verarmten Karibikstaat Hilfe an. US-Präsident Barack Obama sagte, seine Gedanken und Gebete seien bei den Menschen in Haiti. Das Außenministerium nahm Beratungen über einen humanitären Einsatz auf. Mexiko und Venezuela versicherten ebenfalls, helfen zu wollen.
Teil 2: Ärmste der Armen betroffen