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In Deutschland sind Generalstreiks, anders als etwa in europäischen Staaten wie Frankreich oder Italien, juristisch nicht vom Streikrecht gedeckt und somit rechtswidrig (Tarifautonomie)
Habe mich gefragt, wo das herkommt, wohl wortwörtlich aus Wikipedia. Aber egal.

Würde heute sicher nicht mehr so geurteilt

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Ein Generallstreik geht immer von einer Gruppe aus, z.B Partei, Verein usw.
Sollte eines dieser Gruppen einen Generallstreik planen wollen, würde das durch die Staatsmacht verhindert werden.
Himmel, himmel, welch Unsinn.


Habe mal ein recht aktuelle Editorial aus der NJW gezogen.

Editorial Heft 33/2007: Bahn-Streiks ohne Ende?
Von Professor Dr. Hermann Reichold, Tübingen

„Arbeitskämpfe sind im allgemeinen unerwünscht, da sie volkswirtschaftliche Schäden mit sich bringen und den im Interesse der Gesamtheit liegenden sozialen Frieden beeinträchtigen“ – goldene Worte, die der Große Senat des BAG (NJW 1955, 882) unter Präsident Hans-Carl Nipperdey in seinem legendären Netzmacher-Beschluss vom 28. 1. 1955 verkündete.

Heute ist der Arbeitskampf noch immer ein betriebs- und volkswirtschaftliches Übel. Mehr noch: Er kann zu ganz empfindlichen Nachteilen im grenzüberschreitenden Wettbewerb führen. Der Verteilungskampf wird härter. Selbst die wenig streikerprobten Ärztinnen und Ärzte mussten vor einem Jahr das solidarische Einhaken und Trillergepfeife erst einüben und durchkreuzten damit die Einheitstarife der Großgewerkschaft ver.di. Auf das Muster „TVöD“ setzten sie dank ihrer Berufsgewerkschaft Marburger Bund einige Sonderregelungen und -vorteile drauf. Klar, dass das jetzt auch die Lokführer beflügelte. Von der Öffentlichkeit werden ihre Drohgebärden vor allem als Problem der Störung elementarer Infrastruktur wahrgenommen. Kann man jetzt noch auf den „öffentlichen“ Bahnverkehr vertrauen? Auch die Politiker sehen das Gemeinwohl in Gefahr und fragen, ob es denn wirklich eines „eigenen Streiks“ der in der GDL vereinigten Lokführer noch bedarf, wo doch 4,5% Gehaltszuwachs schon durch Transnet und GDBA ausgehandelt sind. So stellt man sich unwillkürlich mit Bahnchef Hartmut Mehdorn die Frage, ob diese tarifpolitische Unübersichtlichkeit nicht von Rechts wegen „abgestellt“ werden kann und damit die Lokführer per arbeitsgerichtlicher Verfügung mundtot gemacht werden können.

Tatsächlich gibt es ein ominöses „Prinzip der Tarifeinheit“, auf das sich jetzt die Bahn beruft. Der Staat, vertreten durch seine Arbeitsrichter, soll die Lokführer bremsen. Das wäre zwar eine elegante Lösung, doch ist es nicht die richtige. Das BAG hat sich zum Fall der Elite- oder Spartengewerkschaften bisher nicht geäußert. So könnte man versucht sein, diese elitären Berufsgruppen wegen ihrer partikulären Interessen gegenüber der breiter aufgestellten Industriegewerkschaft nach dem DGB-Prinzip „Ein Betrieb – eine Gewerkschaft – ein Tarifvertrag“ zu benachteiligen.

Dem steht freilich das Koalitionsgrundrecht entgegen, das in Art. 9 III GG wörtlich „allen Berufen“ gewährleistet ist, auch den elitären. Die Tarifautonomie fordert als „kollektive Privatautonomie“ ja gerade den Vorrang der mitgliedschaftlichen Legitimation und fördert damit den Wettstreit konkurrierender Regelungskonzepte – ein wahrhaft freiheitliches Konzept, adäquat einer freiheitlich verfassten Marktgesellschaft. Der Gewerkschaftswettbewerb wird von der Verfassung nicht verboten, sondern gefördert. Die Verdrängung des weniger „passenden“ Tarifs kann auch aus den Regeln des TVG nicht abgelesen werden. So lässt sich schwerlich mit „übergeordneten“ Grundsätzen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit oder gar schlichten Praktikabilitätserwägungen argumentieren, um die Tarifpluralität im Betrieb zu unterdrücken. Sonst wären wir zurückgeworfen auf ein überkommenes Muster Nipperdey’scher Prägung, das so genannte „Ordnungsprinzip“. Mehdorn und seinen Managern bleibt somit nichts anderes übrig, als weiter zu verhandeln und daran zu denken, dass auch die Krankenhäuser trotz Tarifpluralität weiterhin funktionieren. Die Bahn sollte endlich die richtigen Weichen stellen und auf das eigene Verhandlungsgeschick vertrauen.