Sie tarnen sich als Kellner und Pizzabäcker
30 Mafia-Killer in Deutschland
Von Jürgen Damsch, Andreas Englisch, Albert Link, Katrin Wissbar und Uwe Wojtuschak


Polizei und Spurensicherung bemühen sich am frühen Mittwochmorgen, den Ablauf des Sechsfach-Mordes von Duisburg zu rekonstruieren
Duisburg
Polizei-Pannen
vor dem
Massaker?
San Luca
Der Clan-Krieg:
16 Jahre Hass –
17 Tote

Mafia-Massaker
Was soll die
schwarze Faust
am Tatort?
Blutbad von Duisburg
Mafia-Massaker wegen dieser Frau!
Augenzeuge
„Ich sah die Täter vor der Pizzeria“
Andreas Englisch
BILD-Reporter im Heimat-Dorf der Kalabrien-Killer
Video



Duisburg – Die Mafia – meist bleibt sie unsichtbar wie die Rückseite des Mondes. Es sei denn, sie will ihre Macht demonstrieren, Menschen in Angst versetzen. Das ist ihr in Duisburg gründlich gelungen!

So operieren die
Mafia-Clans in
Deutschland

So verdient
die Mafia an
jeder Pizza mit

„Es wird
weitere
Morde geben“

Mit diesem Phantombild jagt die Polizei jagt den Killer

Der Tatort in
der Duisburger
City

70 Schüsse!
6 Italiener im
Auto hingerichtet


Hauptziel der Mörder beim Massaker in Duisburg war offenbar ein gesuchter Mafia-Killer. Der Mann war unbehelligt nach Deutschland eingereist, in Duisburg bei Verwandten untergetaucht. Erschreckend: Solche Fälle gibt es immer wieder, völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit.

„In Deutschland leben bis zu 30 Profi-Killer der Mafia unter falscher Identität“, sagt Mafia-Experte und Buchautor Jürgen Roth zu BILD am SONNTAG. Er weiß von Killern, die in italienischen Restaurants als Pizzabäcker oder Aushilfskellner arbeiten. Seine Quellen: vertrauliche Berichte aus dem Amt für Verfassungsschutz in Sachsen.

Dort weiß man offenbar Einiges über die Geschäfte der Mafia – getan wurde bislang dagegen nur wenig. In 41 Aktenordnern seien laut Roth unter anderem eine Liste der 20 Top-Mafiosi in Leipzig zu finden: Ihre Namen, die Organisationen, denen sie angehören, was sie tun und wo sie sich aufhalten. Auch Auswertungsberichte von Informanten aus der Szene schlummern dort seit Jahren ungenutzt in den Regalen.

Gestern kündigte die Behörde plötzlich an, die Unterlagen an die Staatsanwaltschaft zu übergeben. Höchste Zeit!

Für die Killer der Mafia ist Deutschland Freundesland. Dem Bundeskriminalamt (BKA) ist das ebenfalls bekannt. Im aktuellsten Mafia-Report des BKA ist Folgendes zu lesen: „Seit dem Jahr 2000 wurden in der Bundesrepublik Deutschland mehr als 40 italienische Staatsangehörige festgenommen, die einer italienischen kriminellen Mafia-Organisation angehörten . . . und zu den meistgesuchten Mafiosi Italiens zählten.“

Erfahrungsgemäß gehen den Ermittlern nur wenige Mafiosi ins Netz – die Dunkelziffer dürfte deshalb wesentlich höher sein.

Drei Beispiele:

• Im September 2003 wurde bei Rosenheim Giuseppe R. (39) festgenommen. Er galt als Führungsmitglied des Camorra-Clans der Ca****si aus der Region Neapel. Er wurde als Auftraggeber mehrerer Morde in Italien ermittelt und dorthin ausgeliefert.

• Im September 2005 nahm die Polizei im Saarland Josef F. (36) fest. Er war in Italien 2001 in Abwesenheit wegen siebenfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden . Außerdem war er an der Entführung und dem Mord an einem 12-jährigen Sohn eines Kronzeugen beteiligt. Der Profi-Killer tauchte 1999 kurz vor seiner geplanten Festnahme in Italien in Deutschland unter.

• 1998 schnappt die Polizei auf dem Bahnhof von Kempten Giorgio Basile (47). Der Profi-Killer hatte im Auftrag der Mafia 30 Menschen ermordet. Seine Aussagen als Kronzeuge brachten später 50 Mafiosi in den Knast.

Vor vier Wochen sagte Basile – Spitzname „Engelsgesicht“ – als Zeuge in einem Drogenprozess aus. Er wurde von einem unbekannten Ort in Italien per Videoübertragung in das Düsseldorfer Oberlandesgericht zugeschaltet.

Aus Angst vor der Mafia sagte er nur mit dem Rücken zur Kamera aus. In einem Chat hatte er schon 2005 erklärt: „Es gibt viele versteckte Killer in Deutschland. Man kann in eine Pizzeria gehen und der Pizzabäcker ist in Wirklichkeit ein Killer, der sich versteckt und nur auf einen Anruf wartet.“

Warum tauchen die Killer der Mafia am liebsten in Deutschland unter? Experte Vincenzo Militello (49), Professor für Kriminologie an der Uni Palermo, zu BILD am SONNTAG: „Die Killer finden bei Landsleuten in Deutschland ein sicheres soziales Netz und entziehen sich den Verfolgern daheim.“

Und das wird sich vermutlich so schnell nicht ändern. Bernd Carstensen (54) von Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK): „Der Kampf gegen den Terror bindet Kapazitäten, die dann im Kampf gegen die organisierte Kriminalität fehlen.“


Zitat aus Bild vom 19.08.07
MFG Aasgeier