Blackout beim letzten Schuss
Für Matthew Emmons hat sich am Sonntag im Finale des Kleinkaliber-Dreistellungskampfs die
Geschichte auf tragische Art und Weise wiederholt. Wie schon vor vier Jahren vergab der
US-Amerikaner mit einem Missgeschick beim letzten Schuss die sicher geglaubte Goldmedaille.
Emmons hatte nach einer nahezu perfekten Serie den komfortablen Vorsprung von 3,3 Punkten.
Gold schien nur noch Formsache, doch abermals spielten ihm die Nerven in der letzten Runde
einen Streich. Mit 4,4 Ringen katapultierte er sich aus den Medaillenrängen auf Platz vier.
Athen-Fehlschuss als Glücksfall
Das Deja-vu war perfekt: In Athen 2004 schoss Emmons im Finale sogar auf die falsche Scheibe,
verspielte so seinen großen Vorsprung und bescherte damit dem Österreicher Christian Planer
unverhofft Bronze.
Das Pech damals hatte er allerdings schon am selben Abend verschmerzen können, als er auf
einer Athletenparty die Bekanntschaft der Tschechin Katerina Kurkova machte, die jetzt seine Ehefrau ist.
"Kann mir Blackout nicht erklären"
Die Olympiasiegerin mit dem Luftgewehr und Zweite mit dem Sportgewehr konnte auf der Zuschauer-
tribüne in Peking das neuerliche Pech ihres Mannes nicht fassen und vernahm mit ungläubigem
Gesichtsausdruck den letzten Schuss.
"Ich kann mir das erneute Blackout nicht erklären. Doch drei Medaillen in der Familie sind auch okay",
meinte Emmons, der in Athen Gold und in Peking bereits Silber mit dem Kleinkaliber holte, in einer
ersten Reaktion.
"Zu stark gedrückt"
Wenig später erklärte Emmons aber, was ihm seiner Meinung nach passiert war: "Ich ziele immer von
oben nach unten auf die Mitte der Scheibe. Während ich hinunterfahre, lege ich den Finger auf den
Abzug. Als ich das diesmal machte, ging einfach der Schuss los. Ich habe wohl etwas zu stark gedrückt",
sagte der Amerikaner.
Chinese "erbt" Gold
Vom neuerlichen Aussetzer profitierte diesmal der Chinese Qiu Jian, der mit 1.272,5 Punkten Gold "erbte".
Mit nur 0,1 Punkten Rückstand ging Silber an den Ukrainer Juri Suchorukow (1.272,4) und Bronze an
den Slowenen Rajmond Debevec (1.271,7).
Mitleid von Farnik und Knögler
Auch Österreichs Teilnehmer im Finale litten mit Emmons mit. "Da muss er an Athen gedacht haben.
Er tut mir echt leid, weil er grandiose Leistungen erbringt. Da sieht man, wie entscheidend bei uns
der Kopf ist", erklärte der sechstplatzierte Mario Knögler.
Thomas Farnik, der Rang fünf erreichte, war ebenfalls fassungslos: "Fast unverständlich, wie so etwas
passieren kann. Ich habe ihn schon vor vier Jahren getröstet. Er tut mir unendlich leid, denn für mich ist
er der beste 3X40-Schütze der Welt."
Quelle
Ex-Österreicher holt als Deutscher GOLD
Triumph im Gewichtheben
Österreich wird in Peking möglicherweise ohne Olympia-Goldmedaille bleiben. Aber ein
ehemaliger Österreicher hat am Dienstag eine Goldene geholt und dabei die wohl sentimentalste
Geschichte dieser Spiele geschrieben.
Gewichtheber Matthias Steiner hatte sich ein Jahr nach Olympiarang sieben 2004 im Streit vom
österreichischen Verband (ÖGV) getrennt und war nach Deutschland gezogen. Für seine neue
Heimat holte er nun den Titel in der Klasse über 105 kg.
Welch willensstarken Athleten Österreich hat ziehen lassen, wurde bei der Medaillenent-
scheidung im Beijing University of Aeronautics & Astonautics Gymnasium deutlich.
Tote Ehefrau im Geiste dabei
Der an Diabetes leidende Steiner war von seinem ersten Versuch an mit einer unglaublichen
Entschlossenheit am Werk. Seine im Juli 2007 tödlich verunglückte Frau Susann war seinen
Angaben nach immer im Geiste mit dabei. Für sich und für sie holte er Gold.
Er fühlte sie vor und natürlich nach dem Wettkampf ganz nah. "Während dem Wettkampf denkt
man natürlich nur an den Wettkampf. Aber vorher und nachher war sie bei mir, vielleicht nicht
ganz so bewusst, aber auf jeden Fall im Unterbewusstsein."
Das Bild seiner Susann hat Steiner immer in seiner Trainingstasche mit dabei. "Irgendwo schließt
sich da der Kreis. Es ist eine Befriedigung da und schön, dass alles so gekommen ist."
Spannende Entscheidung
Die Konkurrenz war an Spannung und Emotionen nicht zu überbieten gewesen. Der aus Obersulz
in Niederösterreich stammende Athlet stieg im Reißen mit 198 kg ein, steigerte dann auf 203 kg,
scheiterte aber beim Versuch, 207 kg in die Höhe zu bringen.
Jeden seiner gültigen Versuche begleitete der 25-Jährige mit einem Schrei, wohl um darauf
aufmerksam zu machen, dass nur Gold sein Ziel war. Doch er lag nur auf dem vierten Zwischenrang.
Dennoch ging der gelernte Installateur mit dem Gedanken an den Olympiasieg auch in das Stoßen.
246 kg brachte er zwar zur Hochstrecke, er konnte das Gewicht aber nicht fixieren - ungültig.
"Das war aber nicht, was ich kann", sagte Steiner anschließend bei der Pressekonferenz. Im
zweiten Versuch gelangen Steiner gültige 248 kg, womit er aufgrund seines hohen Einstiegsgewichts
im Stoßen schon zumindest Silber sicher hatte.
Alles auf eine Karte gesetzt
Als der Russe Jewgenij Schigischew danach 250 kg stieß und damit in der Zweikampfleistung
neun Kilogramm mehr als Steiner aufwies, schien Gold vergeben. Steiner aber setzte mit 258 kg
alles auf eine Karte und gewann mit der Zweikampfleistung von 461 kg ein Kilo vor Schigischew.
"Da habe ich alles reingesteckt und fertig. Wenn ich es nicht geschafft hätte, hätte ich immer noch
Silber gehabt. Auch wenn das nicht ganz die Befriedigung ist."
Auch der Kopf spielte mit
Dabei hatte sich Steiner an diesem Tag gar nicht so gut gefühlt: "Ich habe vom Training her
gedacht: Wenn es darauf ankommt, auf 260 kann ich gehen. Aber so, wie es heute lief, die
zittrigen Beine, das war nicht so die Topform."
Also war der Erfolg nicht nur ein Produkt seiner Kraft. "Da war auch viel Kopfsache dabei. Heute
war das über meinem Vermögen, normalerweise wäre es drunter gewesen."
Grenzenloser Jubel
Nach dem siegbringenden Stoß spielten sich unglaubliche Jubelszenen ab. Steiner sprang mit
seinem Trainer und der gesamten deutschen Delegation in Jubeltrauben herum, kniete zu Boden
und feierte seinen Sensationssieg. Der war freilich auch möglich, weil der zweifache iranische
Olympiasieger und Weltrekordhalter Hossein Resasadeh wegen einer Verletzung und die Bulgaren
wegen positiver Dopingtests fehlten.
Steiner riss sich das Trikot herunter und zeigte auf den deutschen Bundesadler auf seiner Brust.
"Ohne Deutschland hätte ich das nie geschafft." Danach ließ er die Weltpresse Fotos machen.
In der rechten Hand hielt er die Goldmedaille, in der linken ein Bild seiner Susann. "Ich wünsche es
mir, dass sie es gesehen hat. Sie ist immer mit dabei, sie begleitet mich. Und ich danke jedem, der
mir auf meinem Weg geholfen hat, zuallererst meiner Frau."
Dank an Deutschland
Auch seiner neuen Heimat hat Steiner viel zu verdanken. "Ich komme zwar aus Österreich und ich
bin meiner Heimat sehr dankbar, und ich habe wunderbare Jahre gehabt. Aber da, wo ich jetzt bin -
das hätte ich ohne Deutschland nie geschafft. Die Dankbarkeit, was ich in Deutschland erleben
durfte und wo man mich hingebracht hat, wie man mich dort behandelt - das ist das allemal wert.
Und ich fühle mich wirklich sauwohl dort."
Mit dem ÖGV wollte sich Steiner in der Stunde des Triumphs nicht mehr beschäftigen und verzichtete
auf einen Seitenhieb. "Vergessen und vergangen und vergeben. Was soll ich noch sagen", diktierte
er in die Mikrofone. "Mit der Goldenen habe ich die Antwort gegeben."
Kein Groll gegen Österreich
Seiner ehemalige Heimat an sich hat er nichts Schlechtes nachzusagen: "Meine ersten 20 Jahre
waren Österreich. Ich habe dort zum Gewichtheben angefangen. Das hat mich ja geprägt."
Daher denkt Steiner auch nicht im Groll an Österreich zurück. "Es war ja nicht alles negativ, aber es
war einfach zum Schluss so. Die Zeit, die ich genossen habe, habe ich einfach mitgenommen. Also
ein kleiner Teil vom Gold ist sicher auch von Österreich. Aber der Feinschliff war in Deutschland. Das
war meine Entscheidung, und ich glaube, ich habe die richtige getroffen."
Quelle
Anhang 3895
MM: Ich freue mich wirklich für Steiner!