ZDF-Chefredakteur muss gehen
Der ZDF-Verwaltungsrat hat sich gegen eine Vertragsverlängerung von ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender entschieden.
Das teilte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) am Freitag in Berlin mit.
Für Brender haben laut Beck sieben der 14 Mitglieder gestimmt, für eine Verlängerung wären jedoch neun Stimmen erforderlich gewesen.
Brenders Amtszeit läuft damit Ende März 2010 aus.
Es habe keine stichhaltigen Argumente gegen Brender und auch keine sachliche Begründung gegeben, kritisierte Beck, der auch Vorsitzender des Verwaltungsrats ist.
Brender ist seit dem Jahr 2000 Chefredakteur des ZDF. Intendant Markus Schächter wollte ihn für weitere fünf Jahre verpflichten, darüber hätte er Einvernehmen mit dem Verwaltungsrat herstellen müssen.
KOCH VERTEIDIGT ENTSCHEIDUNG
Die unionsnahen Kräfte um den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU), der auch stellvertretender Vorsitzender im Verwaltungsrat ist, hatten sich jedoch schon vorab gegen Brender ausgesprochen und dies mit dem Rückgang der Quoten der ZDF-Informationssendungen während Brenders Amtszeit begründet.
Koch verteidigte die Entscheidung. Die Abstimmung über eine solche Personalie sei ein normaler Vorgang. Er fühle sich in vollem Maße als Volksvertreter dazu legitimiert, die Verantwortung im Verwaltungsrat auszuüben.
„Der gesamte Verwaltungsrat hat ein uneingeschränktes Vertrauen zum Intendanten.“ Es seien nicht Brenders journalistische Fähigkeiten beurteilt worden, sondern seine Management-Qualitäten.
Schächter kündigte eine rasche Lösung an. „Mit dem Verwaltungsrat bin ich übereingekommen, noch vor dem Jahreswechsel in einer Sondersitzung einen Chefredakteur zu berufen“, sagte der Intendant.
PARTEI-POLITISCHER STREIT
Bei der Bewertung von Brenders Arbeit zeigte sich in den vergangenen Wochen eine scharfe Trennlinie zwischen Union und SPD.
Allerdings ist Brender keinem der beiden Parteilager zu zurechnen, gehört keinem der sogenannten Freundeskreis an. Er gilt vielmehr als unabhängige Instanz, die sich immer gegen Einflussnahme von außen, vor allem von der Politik, auf die ZDF-Informationssendungen gewehrt hat.
Das politische Tauziehen um die Vertragsverlängerung von Brender hatte bereits in den vergangenen Wochen für Proteste auf breiter Front geführt.
Journalistenverbände, Staatsrechtler und hochrangige Medienschaffende hatten sich neben SPD-Politikern für einen Verbleib Brenders im Amt ausgesprochen und gegen die Einmischung der Politik in die Personalien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Quelle
ZDF-Chefredakteur rechnet mit der CDU ab
Hier mal eine Stellungnahme von N. Brender zu seiner "Verabschiedung". (Quelle FOCUS)
ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender hat sich erstmals zu seiner, durch Hessens CDU-Ministerpräsident Roland Koch angetriebenen, Abwahl geäußert. In dem Interview kritisierte Brender den Einfluss der Parteien auf das Fernsehen und spricht von einem senderinternen Spitzelsystem beim ZDF, dass er mit der DDR vergleicht.
Wenige Wochen vor seinem Abschied hat der scheidende ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender scharf mit der parteipolitischen Dominanz im öffentlich-rechtlichen Fernsehen abgerechnet. Im Gespräch mit dem „Spiegel“ rügte er erstmals öffentlich das Proporzdenken der Parteien und sprach von Rückgratlosigkeit jener Unionspolitiker, die wie der hessische Ministerpräsident Roland Koch seine Abwahl betrieben haben. Laut Vorabmeldung vom Samstag sprach Brender sogar von einem internen „Spitzelsystem, das davon lebt, dass Redakteure den Parteien Senderinterna zutragen“.
Wörtlich bezeichnete sie Brender als „Inoffizielle Mitarbeiter“ der Parteien, „wirklich vergleichbar mit den IM der DDR“. Es sei ein feingesponnenes Netz von Abhängigkeiten entstanden, aus dem sich Karrierechancen, aber auch Verpflichtungen ableiten ließen. Er selbst habe versucht, „solche Spione wenigstens von Posten mit echter Verantwortung fernzuhalten“, wird Brender weiter zitiert.
Im November hatte sich die Unionsmehrheit im ZDF-Verwaltungsrat mit dem Bestreben durchgesetzt, Brenders Vertrag nicht mehr zu verlängern. Der im März nach zehn Jahren ausscheidende ZDF-Chefredakteur wird zitiert, in der Union gebe es „ein dunkles Schattenreich, das sich im Verwaltungsrat eingenistet hat und ihn mittlerweile zu dominieren versucht“. Nun sei auch das ZDF beschädigt. Der ganze Vorgang habe der Glaubwürdigkeit der Öffentlich-Rechtlichen einen schweren Schlag versetzt, sagte Brender dem Hamburger Nachrichtenmagazin.
Karlsruhe soll entscheiden
Indirekt begrüßte er die von den Grünen angekündigte Klage in Karlsruhe gegen den ZDF-Staatsvertrag. Das Bundesverfassungsgericht sei nun „die einzige Institution, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Staatsferne, Form und damit Zukunft sichern kann“, sagte Brender. Schließlich drohe parteipolitische Methodik gerade, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu okkupieren. Er prangerte „das Denken in Mehrheits- und Minderheitsmustern sowie in Freund- Feind-Schemata, Fraktionszwang, intransparentes Hinterzimmergeklüngel“ an. Das alles dürfe es im Journalismus nicht geben.
Persönlich zeigte sich Brender „erleichtert“, dass seine Amtszeit jetzt zu Ende gehe. „Es fällt eine große Last von mir ab“, hob er hervor. Er selbst tauge nicht zur Ikone und wisse, dass er auch intern bisweilen mit seinem Führungsstil angeeckt sei. „Einigen bin ich auf die Füße getreten. Das bringt der Job mit sich“, resümierte Brender. „Ich wollte hier Kämpfer, keine Schlappschwänze.“ Zu seiner Zukunft sagte der scheidende Chefredakteur, er selbst sortiere jetzt erst mal Angebote, könne aber wohl „vom Journalismus nicht lassen“. In öffentlich-rechtlichen Sendern kann sich der 61-Jährige aber nicht mehr vorstellen. „Das System hat mit mir abgeschlossen. Das werde ich respektieren“, sagte er laut Vorabmeldung.
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