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Hansi Müller
11.03.09, 19:16
Bundestag: Regierung soll Stellung von Premiere auf deutschem *******-Markt bewerten
Berlin - Die Premiere AG beschäftigt jetzt auch den Deutschen Bundestag. Die Fraktion der Linken stellte eine kleine Anfrage.

Die Bundesregierung soll die marktbeherrschende Stellung von Premiere auf dem deutschen *******-Markt aus kartell- und wettbewerbsrechtlicher Sicht bewerten. Dies verlangt die Linksfraktion in einer Kleinen Anfrage (16/12191).

Außerdem will die Fraktion wissen, wie sichergestellt werden kann, dass dritte *******-Anbieter ihre Angebote tatsächlich technisch an Premiere-Abonnenten vermarkten und ihre Angebote auch aufgerufen werden können.

Nach Geschäftsordnung des Bundestages sollen die Fragen innerhalb von 14 Tagen schriftlich beantwortet werden.
Quelle:digitalfernsehen.de
mfg hansi müller

Ratatia
11.03.09, 23:36
....was bin ich froh, dass unsere Regierung keine größeren Probleme hat.:sportifs2:

Met@lKing
12.03.09, 11:12
Ein kleiner Anflug von "wie bekomme ich die CI-Receiver Inhaber als Wählerstimme".

wacheia
17.03.09, 09:54
Hier der Text der kleinen Anfrage im Deutschen Bundestag.

Deutscher Bundestag
Drucksache 16/12191
16. Wahlperiode 06. 03. 2009

Kleine Anfrage

der Abgeordneten Dr. Lothar Bisky,Dr . Lukrezia Jochimsen,Dr . Dietmar Bartsch,
Dr. Diether Dehm, Cornelia Hirsch, Wolfgang Neskovic, Volker Schneider
(Saarbrücken), Dr. Petra Sitte und der Fraktion DIE LINKE.

Übernahme der Premiere AG durch den Medienkonzern News Corporation

Nach Angaben der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich
(KEK, 11. Jahresbericht, S. 196) ist der von K. Rupert Murdoch geführte
Medienkonzern News Corporation (News Corp) seit Anfang2008 über
eine Reihe von Tochtergesellschaften der größte Gesellschafter der Premiere
AG (Premiere). Die US-amerikanische News Corp zählt zu den weltweit größten
Medienkonzernen. Haupttätigkeitsbereiche des Konzerns bilden die Produktion
und der Vertrieb von TV-Programmen, die Fernsehübertragung per
Satellit und Kabel, die Entwicklung der digitalen Übertragung, die Entwicklung
von Conditional Access (CA)-Technologien und Abonnentenverwaltungssystemen
sowie die Produktion und der Vertrieb von Online-Programmen weltweit.

Am 25. Juni 2008 genehmigte die Europäische Kommission ein von News Corp
angemeldetes Zusammenschlussverfahren gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG)
Nr. 139/2004 des Rates mit dem Ziel, die Kontrolle über die Gesamtheit von Premiere
durch Aktienkauf zu erwerben, unter Auflagen. Diese sollten garantieren,
dass andere Anbieter weiterhin Zugang zur Satellitenplattform von Premiere
haben. (Case No COMP/M.5121 – News Corp/Premiere.) Auf Nachfragen teilte
die Kommission allerdings mit, dass sie in dem Fusionskontrollverfahren zu
einer Bewertung von Maßnahmen, die den gleichen und diskriminierungsfreien
Zugang zu den Premiere-Abonnenten für alle Anbieter von *******-Diensten auf
Drittplattformen sicherstellen könnten, nicht befugt gewesen sei. Nicht der allgemeinen
Regulierung des Marktes, sondern der „Wiederherstellung der Wettbewerbssituation,
wie sie sich ohne den zu prüfenden Zusammenschluss darstellen
würde“, habe das Verfahren gegolten. (P-4598/08DE/PE 411.557.)

Nach der Ernennungeines von Seiten News Corp kommenden Vorstandsvorsitzenden
am 10. September 2008, führte Premiere AnfangOktober 2008 eine
Neuklassifizierungdes Abonnentenbestands ein, die nach Angaben der Gesellschaft
derjenigen von anderen erfolgreichen *******-Unternehmen entspricht.
Dabei wurden 940.000 Abonnenten, die nach der alten Klassifizierungenthalten
waren, herausgerechnet. In Folge stürzte der Kurs der Premiere-Aktie ab.

Laut Presseberichten (http://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/
bafin-ermittelt-gegen-premiere;2058921, 9. Oktober 2008) leitete die Bundesanstalt
für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nach dem Bekanntwerden
vermeintlich überhöhter Abonnentenzahlen eine Prüfungein, ob Anhaltspunkte
für Verstöße gegen kapitalmarktrechtliche Bestimmungen vorlägen. Die
Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e. V. hinterfragte die diesbezüglichen
Vorgänge bei Premiere in der jüngsten Ausgabe ihres Mitgliedermagazins mit
den Worten: „Da die Abonnentenzahlen auch für die zurückliegenden Jahre
nach unten korrigiert worden sind, jedoch die Umsätze und Ergebnisse der letzten
Jahre beibehalten wurden, stellt sich natürlich die Frage, inwieweit dies
miteinander vereinbar ist. Bei niedrigeren Abonnentenzahlen hätte dies ja, ausgehend
von dem von der Gesellschaft in der Vergangenheit angegebenen Umsatz
pro Kunde, auch niedrigere Umsätze und somit Ergebnisse zur Folge
haben müssen, außer, der Umsatz pro Kunde war tatsächlich höher als von Premiere
bisher ausgewiesen. Auch ist fraglich, ob die niedrigeren Kundenzahlen
nicht auch den Wert der Vermögenswerte der Gesellschaft beeinflussen und somit
die Bilanzen der Vergangenheit unrichtig sind. Zu diesen Sachverhalten
gibt die Gesellschaft jedoch bis heute keine Auskunft.“ (AktionärsReport 2009/1,
S. 33.)

Am 23. Dezember 2008 berichtete Premiere in einer mit „Premiere vereinbart
langfristiges Finanzierungskonzept zur Umsetzung der neuen Unternehmensstrategie“
überschriebenen Medienmitteilung, dass sich das hauseigene Bankenkonsortium
und News Corp auf eine neue, langfristige Finanzstruktur geeinigt
hätten. Eine Absicherung durch News Corp wurde unter der Bedingung
zugesagt, dass eine „Befreiung durch die BaFin für News Corp von der Verpflichtung,
im Falle des Erreichens oder Überschreitens eines 30-Prozentanteils
ein Pflichtangebot an die übrigen Aktionäre abgeben zu müssen“, erfolgt. Diese
Freistellung durch die BaFin wurde am 30. Januar 2009 erteilt.
News Corp kann demnach auch ohne eine Komplettübernahme von Premiere
das Unternehmen weitestgehend nach eigenen Vorstellungen steuern. Sollte der
Konzern die Kontrolle erlangen, müsste er dies noch nicht einmal veröffentlichen.
Die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND titelte daher: „Hurra,
Premiere ist Sanierungsfall!“ Der US-Investor habe seit seinem Einstieg bei
Premiere darauf „hingearbeitet“: „Um Premiere zu retten, so das Kalkül,
braucht Murdoch freie Hand.“ (http://www.ftd.de/technik/medien_internet/:
Kein-Zwangsangebot-Hurra-Premiere-ist-Sanierungsfall/469396.html, 3. Februar
2009.)

Am 26. Februar 2009 haben die Premiere-Aktionäre dem mit der Entscheidungsfindungder
BaFin verbundenen Sanierungskonzept von Vorstand und Aufsichtsrat
in einer außerordentlichen Hauptversammlungdie Zustimmungerteilt. (http:/
/www.digitalfernsehen.de/news/news_740091.html, 26. Februar 2009.) News
Corp geht demnach die Verpflichtung ein, alle Aktien aus einer Kapitalerhöhungum
weitere 412 Mio. Euro, die nicht von anderen Aktionären oder dritten
Investoren gezeichnet werden, direkt zu übernehmen. Damit wird der Konzern
voraussichtlich die Mehrheit von Premiere erlangen.

Im Sanierungskonzept von Premiere sind auch Aussagen zu einer künftigen
Set-Top-Boxenstrategie enthalten. So spricht das Unternehmen davon, künftig
eine „stringentere Zuschauerführung“ zu ermöglichen, was laut Marktbeobachtern
auf eine flächendeckende Einführungeiner Middleware für Premiere Digitalreceiver
hindeutet. (http://www.digitalfernsehen.de/news/news_737224.html,
23. Februar 2009.) Mittels solche Receiver ist es möglich, den Markt zu dominieren
(siehe Case No COMP/M.5121 – News Corp/Premiere) und Hersteller
durch eine entsprechende Technik- und Auftragspolitik vom Markt auszugrenzen.


Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung die von der Europäischen Kommission
konstatierte marktbeherrschende Stellungvon Premiere auf dem deutschen
*******-Markt aus medienrechtlicher sowie kartell- und wettbewerbsrechtlicher
Sicht?

2. Bewertet die Bundesregierung das Fusionskontrollverfahren der Kommission
und die dort gemachten Verpflichtungszusagen von News Corp für
hinreichend, um einen Missbrauch marktbeherrschender Macht von Premiere
auf dem deutschen *******-Markt auszuschließen?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?

3. Wer wurde nach Kenntnis der Bundesregierung zum Überwachungstreuhänder
ernannt, um der Kommission in regelmäßigen Abständen Bericht
über die Einhaltungder von News Corp, der News Corp Tochter News
Digital Systems (NDS) und Premiere gegebenen Zusagen zu erstatten?

4. Sind im Falle von NDS – dem Anbieter der von Premiere eingesetzten Verschlüsselungstechnologie
– die gegenüber der Kommission gemachten
Verpflichtungszusagen nach der am 27. Juni 2008 angekündigten, inzwischen
vollzogenen Einstellung der Börsennotierung (Delisting) und der
Aufteilungder NDS-Anteile im Verhältnis von 49 Prozent auf News Corp
und 51 Prozent auf den Finanzinvestor Permira nach Rechtsauffassungder
Bundesregierung weiterhin bindend?

5. Wie sieht die Bundesregierung – insbesondere vor dem Hintergrund, dass
NDS im Gegensatz zu anderen CA-Anbietern seine Verschlüsselungstechnologie
nicht mit einem Common Interface (CI) bzw. dem Nachfolgestandard
CI PLUS ausstattet, Premiere-Kunden somit gezwungen sind, proprietäre
Set-Top-Boxen zu erwerben – sichergestellt, dass es auch zukünftig
noch einen freien Fachhandelsmarkt für Set-Top-Boxen geben wird?

6. Wie sieht die Bundesregierung sichergestellt, dass dritte *******-Anbieter
ihre Angebote tatsächlich technisch an Premiere-Abonnenten vermarkten
können und ihre Angebote auch aufgefunden werden können?

7. Welche Auswirkungen auf den deutschen *******-Markt bestehen nach
Einschätzung der Bundesregierung durch die Installation einer durchgehenden
Verwertungskette aus Programminhalten, Verschlüsselung und Set-
Top-Boxen von News Corp bei Premiere?

8. Welches Ergebnis ergab die von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BaFin) im Oktober 2008 eingeleitete Prüfung in Hinsicht
auf zuvor vermeintlich überhöht ausgewiesene Abonnentenzahlen durch
Premiere?

9. Wurde im Rahmen dieser BaFin-Prüfungauch der Sachverhalt bewertet,
dass nach Reduzierungder Abonnentenzahlen der ausgewiesene monatliche
Programmumsatz pro Abonnent (Programm-ARPU) im dritten (und
vierten) Quartal 2008 gegenüber solchen Angaben aus dem Jahr 2007 (dort
annuitätisch ausgewiesen) nahezu gleich blieb?
Wenn ja, in welcher Form?
Wenn nein, warum nicht?

10. Welche Gründe waren für die BaFin maßgebend, Premiere am 30. Januar
2009 „bestandsgefährdende Risiken“ zu bescheinigen und News Corp eine
Freistellung von der Pflicht zur Abgabe eines Übernahmeangebots an die
verbliebenen Premiere-Aktionäre zu erteilen?

11. War die Freistellungsgewährung durch die BaFin mit einer Prüfung des Geschäftsgebarens
der News Corp gegenüber Premiere im speziellen und mit
einer Bewertung vorangegangener Übernahmepraktiken (z. B. MySpace)
im generellen verbunden und wurde im Rahmen der Entscheidungsfindung
die aktuelle wirtschaftliche Situation von News Corp selbst geprüft?
Wenn nein, warum nicht?

12. Wie bewertet die Bundesregierung den Sachverhalt, dass ein Unternehmen
eine für sein weiteres unternehmerisches Agieren positive Entscheidungsfindung
der BaFin zur Bedingung stellt in Hinsicht auf die Unabhängigkeit
der BaFin und in Hinsicht auf ordnungspolitische und wettbewerbsrechtliche
Erwägungen?

13. Bildete das Überschreiten der Anteilsschwelle von 10 Prozent an Premiere
durch den britischen Hedgefonds Odey Asset Management LLP, der Branchenkennern
zufolge dem erweiterten Familienkreis Murdochs zugerechnet
wird, am 21. Januar 2009 Anlass für die BaFin, diese Beteiligung in
Hinsicht auf eine Zuordnungzum Interessenbereich von News Corp zu
prüfen?
Wenn ja, in welcher Form?
Wenn nein, warum nicht?

14. Wie bewertet die Bundesregierung den Zugriff von Finanzinvestoren, die
die Anteilseigner der von ihnen verwalteten Fonds grundsätzlich als vertraulich
klassifizieren und auch gegenüber der KEK nicht bekannt geben,
auf den deutschen TV-Markt aus medien- sowie kartell- und wettbewerbsrechtlicher
Sicht generell?
Welche Lösungsansätze sieht sie?


Berlin, den 5. März 2009
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion