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Hank
29.10.08, 09:00
Die geringe Geburtenrate wurde bisher nur als Frauenthema diskutiert. In einer neuen Studie stehen nun die potenziellen Väter im Mittelpunkt
Dass in Deutschland zu wenige Kinder geboren werden, ist bekannt. Die Ursache dafür wurde bislang – neben äußeren Bedingungen – vor allem in der Karriereplanung junger emanzipierter Frauen gesucht. Alte Rollenbilder der typischen Mutter und Hausfrau sind längst passé. Es sei aber falsch, allein den Frauen die Schuld an der geringen Babyzahl in die Schuhe zu schieben, sagte die ehemalige Bundesfamilienministerin Renate Schmidt am Dienstag auf einer Tagung in Berlin. "Männer haben nämlich auch nicht mehr Kinder als Frauen. Was ist eigentlich mit den Kerlen los?“
Welche Lebensentwürfe und Rollenvorstellungen junge Männer heutzutage haben und wie groß ihr Wunsch nach Kindern ist, hat nun eine von der Bertelsmann-Stiftung in Auftrag gegebene Studie des Deutschen Jugendinstituts untersucht. Das Ergebnis: Mehr als 90 Prozent der kinderlosen Männer zwischen 15 und 42 wollen angeblich Kinder. Tatsächlich sind aber mehr als ein Drittel aller 35 bis 40-Jährigen kinderlos. "Es passiert offenbar etwas zwischen dem Kinderwunsch und seiner Realisierung“, sagte Thomas Rauschenbach, Leiter der Studie "Wege in die Vaterschaft“ und Direktor des Deutschen Jugendinstituts.
Die Studie zeige, dass "mentale und strukturelle Barrieren“ den Weg zur Vaterschaft erschwerten. "Drei Dinge braucht der Mann, bevor er ein Kind zeugt und Verantwortung für eine Familie übernimmt: Eine feste Partnerschaft, ein ausreichendes Einkommen und einen sicheren Arbeitsplatz“, nennt Rauschenbach als ein ********s Ergebnis der Untersuchung. Diese Faktoren seien in der heutigen Gesellschaft aber immer schwieriger und später zu realisieren.
Ausbildungen dauerten länger, die Abhängigkeit vom Elternhaus reiche oft bis zum dreißigsten Lebensjahr. "Junge Leute brauchen bis zu fünf Anläufe, um nach einem unbezahlten Praktikum und etlichen Minijobs eine feste Anstellung zu bekommen“, sagte Renate Schmidt dazu. Das verschiebe den Zeitpunkt für ein Kind. In wenigen europäischen Ländern habe sich das Zeitfenster für das Kinderkriegen so sehr verkürzt wie in Deutschland. Die ehemalige Familienministerin schlug daher vor, Studium und Ausbildung flexibler und kinderfreundlicher zu gestalten, damit eine "frühe Vaterschaft“ möglich werde.
Laut der Studie sehen sich mehr als 95 Prozent der potenziellen Väter von morgen noch immer als künftige Familienernährer. Sie wollen der Familie Sicherheit und Wohlstand bieten. Mehr als 80 Prozent der Befragten wünschen sich aber auch mehr Zeit für die Kinderbetreuung. Rauschenbach nannte diese Kombination "das Modell des modernen Ernährers“. Allerdings seien Männer, die große Karrierechancen erwarten, selten bereit, den Beruf für ein Kind zurückzustellen: "Die Emanzipation des Mannes ist eben kein Selbstläufer.“
Die traditionelle Vorstellung, "Brotverdiener“ sein zu müssen, stehe der Umsetzung des Kinderwunsches im Weg, so Rauschenbachs Schlussfolgerung. Renate Schmidt forderte daher, "schon in den Schulbüchern andere Geschichten zu erzählen – von sorgenden Vätern“. Deutschland brauche einen "Mentalitätswandel“. Die SPD-Politikerin setzte sich für eine Unternehmenskultur ein, in der "Hausmänner nicht belächelt werden und der Chef vorlebt, dass Kind und Karriere für Männer vereinbar sind“.
Fazit der Studie: Zur Vaterschaft muss die gesamte Gesellschaft beitragen.


Quelle (http://www.zeit.de/online/2008/44/vaterschaft-studie?page=2)

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