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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Trend-Droge lässt Jugendliche durchdrehen



Hank
23.01.08, 10:20
Das Medikament macht schmerzfrei, verdrängt Angst: Jugendliche, vor allem Muslime, bringen sich mit Tilidin in Stimmung, bevor sie Läden ausrauben oder Leute verprügeln. Bei Festnahmen wehren sich Verdächtige "wie die Berserker", sagt die Polizei.

Mit mehr als 120 Stundenkilometern rast der Wagen durch die Eisenacher Straße in Berlin-Schöneberg. Im Affenzahn passiert der Fahrer die St. Annen-Apotheke und das California-Sonnenstudio. Ein Streifenwagen hinterher, doch die Polizisten müssen die Verfolgung abbrechen, um sich selbst und andere nicht in Lebensgefahr zu bringen. Der angstfreie Fahrer ist der Polizei als Tilidin-Konsument bekannt – das ist ein Schmerzmittel aus der Krebstherapie, das euphorisch macht und Hemmungen fallen lässt.

Polizeiliche Drogenkontrolle in Berlin: Angstfrei dank Schmerzmittel
Tilidin hat sich laut Polizeiangaben seit einigen Jahren in den Berliner Stadtteilen Neukölln und Wedding zu einer Trenddroge unter jugendlichen Kriminellen entwickelt. Die Konsumenten in der Szene sind vor allem junge Muslime, da Medikamente für Gläubige im Gegensatz zu Heroin, Cannabis oder Alkohol nicht verboten sind. Tilidin-Präparate wie Valoron N sind zwar verschreibungspflichtig, verstoßen aber nicht gegen das Betäubungsmittelgesetz. So ist lediglich der illegale Verkauf strafbar, nicht jedoch der Besitz.

Pfefferspray ist wirkungslos

Wer sich mit Tilidin Mut antrinkt, ist kaltblütig und schmerzfrei genug, um andere Jugendliche abzuziehen, eine Schlägerei zu gewinnen oder eine Tankstelle auszurauben. Wer eine hohe Dosis des Medikaments genommen hat, wehrt sich bei der Festnahme durch die Polizei "wie ein Berserker - er tritt, beißt, spuckt und reagiert nicht mal auf Pfefferspray", sagt Hauptkommissar Andreas Wolter, der Leiter der Direktion Fünf des Berliner Intensivtäterprogramms. Er ist für insgesamt 176 Intensivtäter in den Bezirken Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg zuständig.

Für die Beamten ist die Festnahme eines Konsumenten der "Amokdroge" (Berliner Kurier) eine unangenehme Pflicht, da die gelernten schmerzauslösenden Hebel wenig Wirkung zeigen - so müssen sie brutaler zugreifen und dem Täter schlimmstenfalls den Arm auskugeln oder brechen. "Die Konsumenten entwickeln eine Art Größenwahnsinn, fühlen sich vollkommen überlegen", sagt ein ehemaliger Mitarbeiter des Berliner Drogenkommissariats.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,529907,00.html