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fritzmuellerde
14.12.09, 13:42
Van Gaals System funktioniert - Bayern spielen Spaßfußball

In München haben sie wieder Zeit für Scherze. Und das hat gleich mehrere Gründe: Der FC Bayern gewinnt seine Spiele, schießt viele Tore, spielt schönen Fußball – und darf sich berechtigte Hoffnungen machen, die Hinrunde als Spitzenreiter der Bundesliga zu beenden.

Nur noch zwei Punkte sind es bis zu Platz eins. So fiel es dem Klubchef Uli Hoeneß leicht, nach dem 5:1-Sieg beim VfL Bochum frotzelnd darauf hinzuweisen, dass der ruhmreiche FC Bayern nun zum 50. Mal hintereinander nicht dort steht, wo er nach eigener Einschätzung stets stehen sollte – eben ganz oben. Als suche er, ganz der Witzbold, doch noch einen Grund, um Trainer Louis van Gaal zu entlassen.

Doch nach einer grandiosen Woche mit der 4:1-Gala im Champions-League-Spiel in Turin und dem Kantersieg im Ruhrstadion ist das, im Gegensatz zur Vor-Turin-Zeit, kein Thema mehr. Und Hoeneß darf sogar unwidersprochen behaupten: "Ich habe die Herbstmeisterschaft nie aufgegeben." Auch wenn Bayer Leverkusen, dem aktuellen Tabellenführer, am 17. und letzten Hinrundenspieltag am kommenden Wochenende wahrscheinlich ein Unentschieden gegen Borussia Mönchengladbach reicht, um als Klassenprimus in die Winterpause zu gehen. Die Bayern spielen gegen den immer noch abgeschlagenen Tabellenletzten aus Berlin, der FC Schalke, Tabellenzweiter, empfängt Mainz. Aber das nur am Rande.

Die Gegner rennen nur hinterher

Denn was den Auftritt der Bayern so überzeugend macht, sind nicht fünf Tore gegen einen panischen Abstiegkandidaten. Was überzeugt, ist – wer hätte das vor Wochen geglaubt? – die spielerische Dominanz. Unglaubliche 75 Prozent Ballbesitz sprechen nicht nur gegen einen hilflosen VfL Bochum, sondern vor allem für einen sehr guten FC Bayern. Die Münchner haben – auch das klingt unglaublich – den Spaßfußball entdeckt. Das Van-Gaal-System nimmt Konturen an: Jeder Spieler weiß, was er zu tun hat, jeder hat seine feste Position und rochiert nach einem festgelegten Muster. Das Ergebnis: schnelle Kombinationen, harte und saubere Flachpässe, viele Tore. Und die Gegner rennen nur hinterher – wenn sie den Zweikampf suchen, ist der Ball schon weg.

Es spricht also einiges dafür, dass die Zeit für Louis van Gaal arbeitet. Den Ball in den eigenen Reihen zu halten – das ist dem FC Bayern auch schon zu Beginn der Saison gelungen. Nur war es eben zu selten erfolgreich und langweilig anzuschauen, weil das Tempo, das kreative Moment, die überraschende Idee fehlte. Aber es bedurfte einer Initialzündung wie den Sieg in Turin, um eine Ansammlung verzagter, unsicherer Einzelspieler in eine selbstbewusste Mannschaft mit einem klaren Ziel zu verwandeln. "Wir wollen die Schale, ganz klar", sagt Mittelfeldspieler Mark van Bommel.

Die Bayern haben sich gefunden. In Bochum schickte Louis van Gaal zum fünften Mal hintereinander die gleiche Mannschaft ins Rennen – mit Mario Gomez und Ivica Olic als Sturmduo, das mittels seiner Klasse die Dinge vor dem Tor erfolgreich regelt. Der deutsche Nationalspieler Mario Gomez, über den Louis van Gaal zu Saisonbeginn noch abschätzig sagte, er habe ihn nicht verpflichtet, kommt immer besser zurecht. In Bochum erzielte er sein siebtes Saisontor. Die Symbolfigur des Münchner Aufschwungs aber ist der kroatische Nationalspieler Ivica Olic.

Gomez über Olic: "Er ist ein Phänomen"

Und wer könnte das besser beurteilen als Mario Gomez: "Manchmal steht er neben mir und ich denke, er stirbt gleich. Dann zieht er wieder 40 Meter zum Sprint an. Er ist ein Phänomen." Das ist weit mehr als ein routiniertes Kollegenlob. Und das nicht ohne Grund. Seit Ivica Olic, die personifizierte Lust am Fußball, nach seiner Verletzung wieder Tempo und Kilometer macht, läuft es nicht nur für Mario Gomez besser. Zusammen haben die beiden in den jüngsten sechs Partien zehn Tore erzielt.

Und weil das alles so schön ist, wirkte selbst der gestrenge Louis van Gaal zuletzt etwas entspannter und startete im Sportstudio des ZDF gar eine Charmeoffensive, als er über seine Enkel plauderte und darüber, dass seine Frau ihn für einen Softie halte. Es dürften seine bisher schönsten Tage in München sein. Allerdings sagte er auch: "Ich will nicht Herbstmeister werden, sondern Meister." Und das klingt nicht nach einem Scherz.

Quelle n-tv (http://www.n-tv.de/sport/fussball/Bayern-spielen-Spassfussball-article638506.html)